Die Teufelsmauer am Harz

Teufelsmauer
Mythen und Sagen

In dem Tal zwischen Blankenburg und der Roßtrappe lag vor Zeiten ein Dorf oder Städtchen, welches Blanka hieß. Die Spuren davon sind längst verschwunden. Als später auf der benachbarten Höhe eine Burg erbaut wurde, verließen die Bewohner ihre Hütten, und siedelten sich, der Sicherheit wegen, dicht unter der Burg auf dem Blankenstein an. Als es das Städtchen Blanka noch gab, lebte in den Klusbergen bei Halberstadt der Edeling Egbert, der allseits geachtet war und als guter Schwertkämpfer galt. Er verliebte sich in das schönste Mädchen von Blanka, um die schon viele Freier geworben hatten. Heimlich traf er sich mit ihr im Tempel des Krodo bei Blanka. Um diese Zeit geschah es, daß die Apostel Karls des Großen oder ihre Jünger in die Gegend um Halberstadt vordrangen, um den christlichen Glauben zu predigen. Egbert kam zur Überzeugung, daß die neue Lehre vernünftiger sei als der Glaube an Krodo und die anderen germanischen Götter. Er gewann auch seine heimliche Braut für die neuen Ideen. Der Vater des Mädchens, ein Anhänger der alten Götter, erfuhr von den Vorgängen und wollte den Verführer seiner Tochter bei einem Stelldichein am Altar des Krodo stellen und ihn dem Gott opfern. Egbert wurde aber auf dem Weg zur Verabredung von einem Unwetter zur Umkehr gezwungen. Von Spähern in Blanka erhielt er die Nachricht, daß man ihm auflauerte, und das seine Geliebte sich in Gefangenschaft befand. Eilends schloß er einen Bund mit Nachbarn und Freunden um sie zu befreien und um die Einwohner von Blanka zu bekehren. Auf ihrem Kriegszug, zu dem Egbert mit seinen Männern nachts aufbrach, versperrte ihnen plötzlich eine Mauer aus Felsen, die vor ihnen aus dem Boden wuchsen, den Weg nach Blanka. Egbert und seine Gefährten suchten sich eine günstig erscheinende Stelle und sie begannen die steinerne Wand zu erklimmen. Plötzlich stürzten jedoch Felsenstücke auf die Kletternden herab. Nur Egbert überlebte. Als er das obere Ende der Steilwand fast erreicht hatte, erschien ihm ein weißbärtiger Greis. Dieser schlug dem Krieger vor, daß er ihm sofort seine Braut bringen würde.
Teufelsmauer

Er hatte nur die Bedingung, daß jener zum Glauben an die alten Götter zurückkehren sollte. Nach einigem Zaudern besiegte Egberts Liebe seinen Verstand und er war bereit, den Pakt mit dem Unbekannten, der sich als der Teufel offenbarte, zu unterzeichnen. In seiner Angst unterschrieb er, in der Hoffnung den Teufel zu überlisten, mit falschem Namen. Jener steckte das Blatt, ohne es zu lesen, ein und er half Egbert auf die Felswand hinauf. Dort am Rand der Klippe befahl er dem Krieger zu warten. Wenig später erschien Luzifer wieder mit dem Mädchen an der Seite. Der Wartende umarmte, die ihm lächelnd in die Arme eilende Braut. Als er sie jedoch an sich drückte, erschlaffte sie. Er hielt eine Tote in den Armen. Der Teufel rief Egbert höhnisch lachend das Wort Betrüger ins Ohr. Dieser fuhr zurück und stürzte den Felsen hinab in den Tod. Seit diesem Tag wurden die Steinklippen, die Egbert den Weg nach Blanka verwehrten, Teufelsmauer genannt.

Quelle: Nach Ludwig von Baczko "Legenden, Volkssagen, Gespenster- und Zaubergeschichten (Band 3)"