Die Dreigroschenhöhle im Amelungsberg

Mythen und Sagen

Ein armer Mann hatte am Amelungsberge Holz gelesen und wollte sich den Korb aufhucken. Da fand er ihn so gewichtig, dass er unter der Last zusammenbrach. Ach stöhnte er, die einen schuften und hungern, die anderen prassen und lungern. Der Schweiß rann ihm in die Augen, so war er wie blind. Da gewahrte er ein kleines graues Männchen am Wege, das winkte ihm zu und rief: "Laß liegen, sollst was Besseres kriegen!" Der Ärmste flgte dem Kleinen hinauf auf den Amelungsberg, und als sie über den alten Burgwall geklettert waren, da fragte ihn der nach seinen häuslichen Sorgen. "Ach" , seufzte der Holzfäller, "Wir haben kaum das Nötigste zum brechen und beißen." Dicht am Wege im Buschwerk verborgen fanden sie eine eiserne Pforte, die sprang vor ihnen knarrend auf, und sie traten in alte Gewölbe, wo es in der Dämmerung von Silber und Gold nur so glomm. Da sagte der Wicht: "Weil Du so arm bist, so sollst Du jeden Tag, den Gott werden läßt, aus der Holztruhe dort drei Groschen holen. Der schwarze Hund bewacht nur die Silber- und Goldgefäße, Du brauchst ihn weiter nicht zu fürchten. Aber hüte Dich mehr zu nehmen als tagtäglich deine drei Groschen."

Tag für Tag schlich der Holzfäller hinauf auf die Burg und holte seinen Anteil, solange ging das auch gut. Einmal aber dachte er, es merkt ja keiner wenn ich mir mal vier Groschen nehme. Aus dem Mal wurde Gewohnheit, und dann griff er noch herzhafter zu nahm sich täglich fünf und sechs und sieben und schließlich trug er die Groschen händevoll in seine Hütte. Aller Mangel schien nun behoben, und es kamen feine Tage. Die Ansprüche aber wuchsen mit den Mitteln. Die Frau brauchte Kleider, und die Kinder wollten nicht länger barfuß laufen. Da faßte er sich ein Herz und griff noch dreister zu. Schon hatte er eine silberne Kanne in seiner Hand, und die füllte er hastig mit Goldstücken bis über die Tülle. Gerade als er zum Ausgang laufen wollte kam der große schwarze Hund und sprang ihn an.

Sage Dreigroschenhöhle

Mit seiner Pfote wollte er ihm die Kanne aus den Händen schlagen. Mit knapper Not konnte der Mann sie dem Untier wieder entreißen. Kaum stand er im Freien, so donnerte die Panzertür hinter ihm ins Schloß. Da stand er nun mit seinem Raube und dachte er wäre ein gemachter Mann. Aber sein Seelenfrieden war dahin. In seiner Not lief er zum Pfarrer nach Segelhorst und schenkte ihm die Silberkanne für die Kirche. Und wie ihn die armseligen Groschen seither so friedlich ernährt hatten, so rannen ihm nun die Dukaten durch die Finger. Bald hatte er keinen Pfennig mehr in seinem Strumpf und er mußte im Alter wieder Bäume fällen, daß ihm der Schweiß in die Augen lief. So fanden ihn die Leute just unter dem Amelungsberge an einem Morgen liegen, wo ihn der Schlag getroffen hatte.

Quelle: Karl Paetow "Die schönsten Wesersagen"